| Schreibt ein siebenbürger Sachse - sofern er sein Sachsentum noch 
        lebt – über Schuster Dutz (eigentlich: Gustav 
        Schuster, 1885 - 1968), ist ihm, als schreibe er über den besten 
        Teil seines Selbst. So nah und artverwandt fühlt er sich dem Dichter. 
        Das macht, weil beide eine bindende Mitte, ein geistiges Erbe, eine gemeinsame 
        Seele besitzen: ihre Mundart. Schuster Dutz ist der berufene Künder dieser Mundart. Im sächsischen 
        Wort wird nämlich ursprünglicher und unmittelbarer als in sonstigen 
        künstlerischen Ausdrucksformen das Wesen der siebenbürger Sachsen 
        nachfühlbar, allerdings darin auch eingeschlossen. - Man missdeutet 
        unsere Geschichte, macht uns die Heimat fremd; deshalb verließen 
        wir, was viele Generationen in 800 Jahren erschufen. Geblieben ist uns 
        allein unsere bodenständige Sprache. Die kann uns niemand nehmen, 
        es sei denn, wir selber verwerfen sie. Dann aber wandelt sich auch unser 
        Geist: Siebenbürger Sachsentum gehört dann endgültig der 
        Vergangenheit und dem Museum an.Wir wissen nicht, wie viele von uns noch die Sprachmelodie der Dutz'schen 
        Gedichte aufzunehmen bereit und in der Lage sind, die Ursprünglichkeit 
        ihrer Bilder, den Wellenschlag ihres Rhythmus', ihre stammesmäßige 
        Originalität, die einfallsreichen Redewendungen, geschickten Reime, 
        die ursächsische Aussagekraft und schließlich die freundlich-heitere, 
        bejahende Lebensphilosophie und den geistreichen wie sarkastischen Humor. 
        Biographisches soll hier nicht das Originalwort einschränken: Die 
        dichterische Gabe als solche soll wirken - als Kunst- und Herzensgabe 
        für uns alle.
 Der äußere Lebensweg von Schuster Dutz dokumentiert das kennzeichnende 
        Profil sächsischer akademisch Gebildeter. Er begann in Mediasch und 
        wurde dort vollendet. Nach den Studien zu Klausenburg, Wien, Jena und 
        Marburg a. L. wirkte Schuster Dutz als Lehrer für naturwissenschaftliche 
        Fächer am Stephan Ludwig Roth-Gymnasium seiner Vaterstadt. Nach 1945 
        blieben auch ihm Demütigungen, Verhaftung und Leid nicht erspart. 
        Indes, aus Anlass seines 80. Geburtstages 1965 wurde er offiziell rehabilitiert 
        und gefeiert. Eine geschickte Auswahl seiner Werke, 1958 besorgt von Harald 
        Krasser unter dem Titel „Das Kulturpfeifen" (3. Aufl. 1969) 
        mag die Wende wesentlich bewirkt haben.
 Hinsichtlich der Auswahl von Gedichten, die Hans 
        Jakobi, ihr berufener Interpret, hier vorlegt, gilt es zu 
        bedenken, daß das Lebenswerk von Schuster Dutz noch nicht voll erschlossen 
        und gewürdigt worden ist. Sicherlich entspricht die Auswahl aber 
        einem zuverlässigen Querschnitt.
 | - An bisherigen geschlossenen Veröffentlichungen liegen vor: „Eos 
        menger Ährevakanz" (Aus meinen Ernteferien) 1921; „De 
        Tarockpartie" 1923 (Prosa), „Der gereimte Mensch. Eine Anatomie 
        in Versen" 1946 (hochdeutsch); schon erwähnt „Das 
        Kulturpfeifen" von 1958. -Schuster Dutz verfasste noch (wenig 
        oder nicht bekannte) dramatische Arbeiten, Libretti, Hörspiele, Kinderreime 
        und naturwissenschaftliche Schulbücher. In dem Urteil der Sachverständigen 
        wird Schuster Dutz gewiss einen höheren Rang einnehmen, als er sich 
        selber verschmitzt zuspricht: den eines „frohen Versemachers".Schuster Dutz dichtet aus der Substanz heimatlicher Begebenheiten. Themen, 
        Probleme und Gestalten lauscht er seiner engeren menschlichen, allzu menschlichen 
        Umgebung ab, meistert mit seiner Sprache das unvollkommene Kleine und 
        das kleinbürgerliche Einzelne, indem er es in das Allgemeine der 
        Gesellschaftskritik und das Grundsätzliche von Moral und Anstand, 
        sprachlich zugleich auf die Höhe von Dichtung erhebt, ohne dabei 
        das schlichte Volksverständnis je zu mißachten.
 Schuster Dutz ist ein witziges Naturtalent, und er dichtet aus spontaner 
        Freude, ohne äußere Nötigung oder wirtschaftlichen Zwang. 
        Deshalb empfinden wir ihn so liebevoll persönlich, menschlich so 
        an- und mitsprechend, auch wenn er eine spitze Feder führt, die auch 
        bissigen Spott und Hohn, aber nie Verletzung hervorbringt. Mit „Spaßen" 
        wollte er andere froh machen. „Humor" kennt der sächsische 
        Wortschatz nicht, gleichwohl darf Schuster Dutz als origineller, tiefgründiger, 
        optimistischer Humorist gelten, welche Eigenheit „nicht eine Laune, 
        sondern eine Charaktereigenschaft“ (Gerhard Sooß) bezeichnet 
        und nicht zu bloßer Gemütsergötzung verleitet. Dutzens 
        Humor entzündet sich an den spitzbübischen Ungereimtheiten der 
        Welt, glättet sie aber mit lächelndem Verständnis.
 In der Persönlichkeit unseres Dichters, in seinen Schöpfungen, 
        seiner Sprache, seiner Art und Eigenart möchten wir zuletzt Zeugnisse 
        für die geistige Rechtfertigung des stammesmäßigen Sonderdaseins 
        der siebenbürger Sachsen und ihrer historischen Sendung rühmen. 
        Und vergessen wir nicht: Humor bedeutet, in seiner edelsten Wirkung. stets 
        bewältigtes Schicksal, wie Schuster Dutz das in seiner selbst verfassten 
        Grabinschrift offenbart:
 Hier ruht nunmehr in Gottes gnäd'gem Schutz Der frohe Versemacher Schuster Dutz.
 Die höchste Lust war ihm, durch heit'res Lachen
 Mit seinen Spaßen and're froh zu machen.
 Nun Wand'rer steh und lächle einmal sacht:
 Dies ist der letzte Spaß, den er gemacht".
 Quelle: Die original SchallplatteDie Biographien, Zwischentexte und Layout wurden von Prof. Dr. Hans Mieskes 
        besorgt.
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